Der Ruf und die Sehnsucht nach Freiheit durchziehen die Geschichte und bestimmen das aktuelle Geschehen in der Welt, derzeit besonders sichtbar in den Menschen, die auf der Flucht vor Armut, Diktatur und Gewalt in unser Land kommen. Mit dem bewusst zugespitzten Titel wollen wir das Augenmerk darauf legen, dass sich die Frage nach der Freiheit nicht erübrigt, wenn alle Hindernisse aus dem Weg geräumt sind, sondern sich nochmals verschärft:
Was fangen wir mit dieser Befähigung an? Wozu nutzen wir unsere Freiheit? Wie gestalten wir unser eigenes Leben, in unserem Alltag und in der Freizeit? Wie gestalten wir unser Zusammenleben in Familie und Beruf? Wie die ganze Gesellschaft?
Diese Fragen können jedoch noch grundsätzlicher gestellt werden: Warum und wozu ist uns Menschen diese Befähigung überhaupt gegeben? Verbindet sich damit eine Aufgabe, eine Verantwortung, die es zu entdecken gilt? Oder handelt es sich um einen Störfaktor, da Freiheit immer auch einen Risiko beinhaltet?
In unserer Gesellschaft wird Freiheit als Grundlage des Rechtssystems und des Zusammenlebens vorausgesetzt. Genau dieses Postulat (frei!) wird jedoch auch zunehmend in Frage gestellt und zur Illusion erklärt. In den letzten Jahren insbesondere durch die Ergebnisse der Hirnforschung, genauso wie durch Soziologie und Psychologie. Sind wir überhaupt frei? Von vielen Seiten sind wir bestimmt, aber bedeutet Freiheit tatsächlich Unabhängigkeit?
Beim Rhein-Meeting 2016 wollen wir einzelne Aspekte dieses Themas aufgreifen, die uns im Alltag herausfordern. So stellt sich in der Arbeitswelt die Frage nach dem gestalterischen Spielraum des Einzelnen. Im Bereich der Rechtsprechung, die von der Freiheit und Fähigkeit zur Verantwortung des Einzelnen ausgeht, fragen wir, ob es Einschränkungen dieser Fähigkeit zur Freiheit gibt. Die Nachrichten aus den Krisengebieten der Welt und die Integrationsdebatte in unserem Land werfen die Problematik derReligionsfreiheit auf. Was bedeutet angesichts all dieser Aspekte der provokante Satz des Evangeliums „Die Wahrheit wird euch frei machen“? Dies ist eine Aussage, die Fragen hervorruft und zur Arbeitshypothese werden kann.
Zu Wort kommen sollen nicht ausschließlich Theoretiker, sondern Menschen, die sich in ihrem Leben, sei es beruflich oder ausgehend von ihrem persönlichen Hintergrund, mit diesen Fragen explizit auseinandersetzen.
Wenn Werte lebendig werden ist der Titel einer Ausstellung des Freundeskreises SWAP (Share With All People), Studierender an der Katholischen Universität Mailand. Sie erzählt von Personen, die mittel- oder unmittelbar an der ägyptischen Revolution beteiligt waren.
Ursprünglich entstanden ist die Ausstellung aus der Idee muslimischer Studierender in Mailand, das aktuelle Leiden ihres ägyptischen Volkes und die Gewalttaten gegenüber den Christen bekannt zu machen. Daraus entwickelte sich die Freundschaft muslimischer und christlicher Studenten, die meisten von ihnen in erster oder zweiter Generation aus Ägypten stammend.
SWAP geht es um das Entdecken der eigenen Identität und des Wertes ihrer Unterschiedlichkeit. Die Ausstellung lenkt den Blick auf Personen, die sich selbst in dieser Zeit ins Spiel gebracht und dadurch einen Beitrag zur Geschichte geleistet haben. Sie haben eine Menschlichkeit mitgeteilt, jenseits politischer Ideologien, religiöser und sozialer Überzeugungen. Die Ausstellung gilt nicht Ägypten, sondern diesen Ägyptern.
Fotos, Bilder, Graffitis und Videos erzählen von der Freundschaft zwischen Mina Daniel und Tareq el Salafi, vom Mut Samiras Ibrahim, vom Kampf der Ärztin Mona Mina, von der Hoffnung des Jugendlichen Gika und von der Solidarität eines Mohamed Kristy. Die Geschichten bekunden Werte, die über Religion und Politik hinausgehen und jeden betreffen. Sie fordern heraus und geben Mut und Hoffnung.
Begleitet und unterstützt wurden die Studierenden der Gruppe SWAP von Wael Farouq, Dozent für arabische Literatur an der Katholischen Universität Mailand.